Das Breitlaufen und Kriechen von öligen Flüssigkeiten auf Festkörperoberflächen verläuft nach dem Gesetz des Kohäsions-Adhäsions-Verhältnisses zwischen den Oberflächenspannungen der beiden Kontaktpartner Schmierstoff und Festkörper.
Die Kohäsionskraft oder Oberflächenspannung der Flüssigkeit führt zur kugelförmigen Kontraktion des Öltropfens, die Adhäsionskraft resultiert aus der freien Oberflächenenergie des Festkörper und führt zur totalen Benetzung der freien Oberfläche. Die Voraussetzung zur punktuellen Schmierung bedingt ein Gleichgewicht zwischen beiden Kräften, wobei ein Überwiegen der Adhäsionskraft des Festkörpers zur Benetzung ohne Tropfenbildung führt.
Benetzungsverhalten
Die Ursache für das Benetzen liegt in der Physik des Grenzschichtverhaltens von Flüssigkeiten. Das Benetzen von Festkörpern durch Flüssigkeiten wird von der Oberflächenspannung der Flüssigkeit, der scheinbaren Oberflächenspannung des Festkörpers und durch Kapillareffekte beeinflusst.
Kapillareffekt. Öl steigt in einer engen Kapillare höher, als in einer weiten Kapillare.
Kapillareffekte auf Oberflächen können z.B. texturierte Riefen auf der Oberfläche durch Bearbeitungsprozesse sein oder gezielt hergestellte Oberflächenzustände, die optische Eindrücke verbessern sollen, z.B. Mattierungen. Auf rauen Oberflächen kommt es zu stärkerem Kriechen von Schmierstoffen als auf glatten Oberflächen.
Links glatte Oberfläche, rechts raue Oberfläche. Oben Polyglykol unten Silikonöl. Zeit: 1h bei 50°C. Flächen sind nicht epilamisiert.
Ausspringende Kanten wirken als Ölbarrieren, einspringende Kanten als Öldepots. Diese Oberflächeneffekte lassen sich relativ leicht konstruktiv beeinflussen, nachdem ihre Wirkungsweise erkannt wurde. Anders sieht es aus im Benetzungsverhalten der Flüssigkeit gegen den Festkörper selbst. Die Erhöhung der Oberflächenspannung einer Flüssigkeit ist chemisch gesehen äußerst kompliziert und in den meisten Fällen unmöglich. Die hierzu notwendigen Additive müssen in so hoher Konzentration eingesetzt werden, dass sie andere Eigenschaften des Schmierstoffs verschlechtern. Der Festkörper, d.h. der Konstruktionswerkstoff selbst, lässt sich in Bezug auf die Oberflächenspannung nicht verändern, ohne seine Festigkeitseigenschaften zu beeinflussen.
Niedrigviskose Schmierstoffe verhalten sich bei höheren Temperaturen (100°C oder höher) auffallend. Es können Kriechgeschwindigkeiten von mehr als 5 Millimetern pro Stunde gemessen werden.